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Bildgestaltung in der Fotografie


Zuletzt habe ich mich mal wieder ein wenig mit der Bildaussage befasst. Dieses mal möchte ich die Möglichkeiten zur Bildgestaltung anreißen. Hierbei gibt es ein paar Theorien und ich habe dazu in Versuchen die Bilder in diesem Beitrag gemacht. Sie sollen mir helfen das Ganze besser zu verstehen und meine Fotografie somit ein Stück weiter zu entwickeln. Zwar stammen die Theorien aus der Malerei, lassen sich aber auch auf die Fotografie übertragen. Wenn auch nicht 1:1 aber doch zumindest teilweise.

Hauptsächlich geht es in der Fotografie bei der Gestaltung um die Komposition eines Bildes. Schließlich findet der Fotograf im Gegensatz zum Maler immer ein bereits existierendes Bild vor: Das gewünschte Motiv, Vorder- und Hintergrund und noch einige andere mehr oder weniger störende Dinge links und rechts, oberhalb und unterhalb dem Motiv. Zur besseren Handhabung, nenn ich das jetzt einfach mal „Vollbild“.

Um jetzt aus diesem Vollbild ein „neues“ Bild zu gestalten, muss man sich als Fotograf Gedanken machen über das WIE. Schließlich hat man eine Idee vom fertigen Bild und auch einen gewissen künstlerischen Anspruch. Vieles passiert bei der Gestaltung schon intuitiv, anderes lernt man mit der Zeit dazu und versucht es bewusst umzusetzen.

Elemente zur Bildgestaltung


Manchmal kann man gar nicht viel gestalten, weil es die Umgebung oder Natur so vorgibt. Oder auch weil einem dazu gerade die Möglichkeiten fehlen. Dann kann man höchstens noch einzig und allein versuchen über die Perspektive zu gestalten. Oft gibt es je nach Situation aber auch mehr Möglichkeiten das Bild zu gestalten. Wenn schlussendlich im Studio alle Bildzutaten aufgebaut und präpariert werden, dann hat man alle fotografischen Möglichkeiten ausgenutzt. Zu guter Letzt rundet die digitale Nachbearbeitung die Bildgestaltung final ab.

Ebenso wie die Musik ihre Töne und Zeichen, die Sprache ihre Laute und Schriften, so hat auch das Bild seine Gestaltungs- und Formelemente:

  • Punkt (mehr dazu im nächsten Artikel)
  • Linie (Schwerpunkt in diesem Artikel)
  • Fläche
  • Strukturen
  • Farben und
  • das Format

Funktion der Linie zur Bildgestaltung


Die Linie erfüllt verschiedene Funktionen. So kann man mit ihr Formen kennzeichnen und damit Objekte definieren. Auch kann sie ein eigenständiges Element im Bild sein, oder als Form für einen bestimmten Gegenstand selbst stehen (z.B. ein Brett, Sonnenstrahl, Tischbein).
Ebenso ist es möglich, dass sie eine Fläche, einen Körper oder einen Ort „umreißt“. Durch den Hell/Dunkel Kontrast zwischen Objekt und seinem Hintergrund kann ein linienhafter Umriss entstehen. Mit dem Umriss wird ein Gegenstand gezeichnet, wobei die Umrisslinie den Gegenstand gegen die Fläche abgrenzt.
Weiter lassen sich mit Linien Bewegungen, Richtungen und Geschwindigkeiten darstellen. Ebenso drücken Linien, die Flächen dekorativ gliedern, eine schmückende Funktion aus.

Von der Linie zur Fläche

Die Linie, ein Punkt in mehr oder weniger bewusster Bewegung, bietet also vielfältige Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten. Über das Aufbringen von Punkten bzw. Linien entstehen immer:

  • Flächen,
  • Hell/Dunkel Kontraste,
  • Schraffuren und Strukturen mittels Verdichtung und Streuung

Damit erkennt man das nächste wichtige Gestaltungselement – die Fläche. So ist es oft eine oder mehrere Linien, die die jeweiligen Flächen im Bild voneinander trennen bzw. auch verbinden.

Ein Maler hat natürlich die volle Kontrolle über die Aufstellung und Verwendung von Flächen. Darum waren es auch die Maler, die mit der bewussten Verwendung von Flächen die Bildgestaltung revolutioniert haben. Genauer gesagt haben sie ihre Bilder in viele verschiedene geometrische Flächen aufgeteilt und daraus einen Stil geschaffen. Dieser Stil wurde schnell prägend für die Malerei Anfang des 20. Jahrhunderts und bekam den Namen Kubismus. An den ersten folgenden Bildern kann man gut sehen, wie sich das bis heute noch auswirkt. Auch als Fotograf kann man versuchen diese Art zu verwirklichen, was keine eine einfache Sache ist.

Eine Fläche zeichnet sich dadurch aus, dass sie im Vollbild durch Linien und in ihrer Musterung, Helligkeit oder Farbe vom Rest abgegrenzt ist. Auch nimmt eine Fläche in der Natur eine beliebig freie Form ein. Exakte geometrische Figuren wie Rechteck, Kreis oder Dreieck sind meist Menschenwerk. Manchmal finden sich aber auch in der Natur geometrische Formen (z.B. Spinnennetze). Dann liegt für den Fotografen die Herausforderung darin, solche Flächen interessant ins Bild zu setzen.

Auch die Schattierungen und Schraffierungen der Flächen sind wieder auf die beiden grundlegenden Gestaltungselemente Punkt und Linie zurückzuführen. Je ungenauer bzw. gröber die auf der jeweiligen Fläche verteilt sind, spricht man auch von einer Struktur die die Fläche hat.

Farben und Format zur Bildgestaltung


Zum Schluss fehlen noch die Farben und das Bildformat als Gestaltungselemente. Ich möchte sie nur der Vollständigkeit halber kurz anreißen, weil ich bestimmt zu einem späteren Zeitpunkt darüber mehr zu berichten weiß. Soviel ist aber schon mal zu sagen:

Die Farben können nicht beliebig miteinander kombiniert werden, sondern sollten auch nach gewissen Regeln im fertigen Bild verteilt sein. Was, wie fast immer, in der Natur so nicht oder nur selten vorkommt und uns dort trotzdem stimmig erscheint.

So sollten die Farben gemäß ihrer Qualität, Leuchtkraft und in Bezug auf den Komplementärkontrast verteilt sein, um eine möglichst wirkungsvolle Bildgestaltung zu erzielen.

Den Bilder in meinen obigen Galerien vom Beitrag habe ich schon bewusst unterschiedliche Bildformate verpasst. Die bekannten Formate sind Quer- und Hochformat und darüber hinaus noch das Quadrat. Das Querformat entspricht in etwa der menschlichen Sehgewohnheit und ist daher das wohl am meisten verwendete Format. Schließlich liegen unsere Augen nebeneinander und geben damit das Querformat vor. Aufgrund der größeren Querausdehnung ergibt sich in diesem Format ein deutliches Links-Rechts-Gefüge. Die waagrechte Linie wird mit diesem Format betont.

Richtung und Bewegung sind Elemente, welche sich im Querformat gut gestalten lassen. Nicht zuletzt bietet sich das Querformat an, bewusst mit Flächen im Bild zu gestalten.

Das Hochformat ist das klassische Bildformat für Porträtaufnahmen.

Beim Hochformat überwiegt der Ausdruck von Aufstreben bzw. von Dynamik, Aktivität. Vertikale Linien und Flächen innerhalb des Motivs unterstützen diese Sicht. Das Hochformat trägt also immer eine Spannung in sich. Auch weil durch die schmalen Seiten sofort die Interpretation beim Betrachten beginnt. Vielleicht scrollt der eine oder andere jetzt nach oben und vergleicht das nochmal.

Quadratisches Bildformat

Als abstrakte geometrische Form mit identischen Seitenlängen wirkt das Quadrat gesättigt und statisch, als Bildformat hält sich das Quadrat in seiner Wirkung zurück.

Durch die identischen Seitenlängen des Bildformates wird keine Dimension betont, welche ansonsten durch die Komposition gezielt vermieden wurde. Quadratische Bilder konzentrieren sich auf Struktur, Farbe und Form – formale Aspekte also. Die Raumaufteilung formaler und farblicher Bildelemente innerhalb der quadratischen Bildfläche muss daher genau stimmen. So formt zum Beispiel jede Diagonale im Quadrat aus der Bildfläche zwei gespiegelte, rechtwinklige Dreiecke, die wiederum die Gegendiagonale betonen. Andererseits kann gerade bei stark abstrahierenden, geometrischen Bildern oft nur in einem Quadrat eine konsequente Kompositionen erreicht werden.

Interessanterweise ist der ursprüngliche Grund für das quadratische Bildformat bei vielen klassischen Mittelformatkameras recht pragmatisch. In ein quadratisches Format lässt sich das vom Objektiv projizierte kreisförmige Bild am besten einfügen. Dahinter stand also der Gedanke, die Bildfläche möglichst optimal zu nutzen. Aber auch anderweitig war dieses Format recht praktisch.

So ließ es sich gleichermaßen durch geringfügiges Beschneiden in ein Hoch- oder Querformat wandeln, die Kamera musste dafür nicht gedreht werden. Mit dem heute weit verbreiteten 3:2 Bildformat verhält sich die Sachlage genau umgekehrt: Wir drehen die Kamera für Hoch- oder Querformat entsprechend und schneiden das Bild zum Quadrat.

Beispiel zur Bildgestaltung. Element sind hervorgehoben.

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